Holzschnitte


ca. 40x120cm, 1995, e.a.

ca. 40x120cm, 1995, e.a.

je ca. 40x120cm, 1994, e.a.

 
 
 
 
 
 

ca. 120x40cm, 1995, e.a.

Nessel, ca. 120x120cm, 2000, e.a.

 

ca. 120x40cm, 1995, e.a.

ca. 40x120cm, 2000, e.a.

ca. 30x40cm, 1998, e.a.

„Der historische Ansatz 

Die im Prinzip überaus einfache Technik des Hochdrucks zählt zu den ältesten Verfahren der Menschheit, ihre Bildvorstellungen festzulegen. Babylonier und Ägypter hatten bereits geschnittene Holzstempel in wei­chen Ton abgedruckt, und in China kannte man im 4. Jahrhundert n. Chr. sogar schon die Möglichkeit, reliefartig bearbeitete Inschriftensteine mit Tusche einzufärben und auf Papier, das man dort seit dem 1. Jahrhundert herzustellen wußte, abzureiben. Dem Abendland blieb die Entwicklung im Fernen Osten unbekannt; hier vollzog sich die Entwicklung zum Bild­druck von den traditionellen Verfahren her, mit ornamentalen Mustern bedruckte Stoffe herzustellen, wie sie spätestens seit dem 4. Jahrhundert in Europa geläufig waren: die Zeugdrucke, die, mit einem Holzmodel be­druckt, lineare, pflanzliche und schließlich figurale Motive in schemati­schen Serien zu Mustern verbanden. So bedurfte es eigentlich nur des Pa­piers - von dem man auch in Europa langsam Kenntnis bekam -, um die frühesten Bilddrucke herzustellen. Der Holzschnitt ist daher auch keine eigentliche Erfindung, sondern nur die Nutzanwendung längst bekannter technischer Möglichkeiten auf einem bis dahin wenig genutzten Stoff. Der Schritt zum Bedrucken des Papiers jedoch kann - bedenkt man alle Kon­sequenzen, die sich daraus ergeben - in seiner historischen Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Man nennt als früheste datierte Beispiele des Bilddrucks in der Holz­schnitt-Technik das Blatt »Maria mit dem Kind« von 1418 (Brüssel) und den »Hl. Christophorus« von 1423 aus Kloster Buxheim bei Memmingen (Manchester); an diesen beiden Blättern entzündete sich der gelehrte Streit, ob die Entstehung der neuen Kunst in den Niederlanden oder in Deutschland anzusetzen sei, wozu noch Henri Bouchots Meinung trat, dass der Anfang in dem »Bois Protat« (Mäcon) zu sehen und damit die Erfindung für Frankreich in Anspruch zu nehmen sei. Nun sind die frü­hest erhaltenen Beispiele gewiß nicht identisch mit den am frühesten ent­standenen Werken. Und man bezweifelt nicht, dass gedruckte Heiligen­bilder in manchen Klöstern und Wallfahrtsstätten schon vor 1400 an Pil­ger verteilt worden sind, was der in diesen Jahrzehnten sich steigernden religiösen Begeisterung entsprach. Dieses neue Bedürfnis ging offenbar zunächst dahin, einer naiv-abergläubisch verstandenen Wirkung der Bilder, einer Art Magie, teilhaftig zu werden: so kann man etwa unter dem Buxheimer Christophorus lesen, dass niemand an dem Tag sterben werde, an dem er ein Bild dieses Heiligen geschaut habe. Doch bald zeigt sich noch mehr die neue, unmittelbare Mitteilungskraft des Bilds, die dann Dürer sagen läßt: »Dann der alleredelst Sinn der Menschen ist das Gesicht« (Lange-Fuhse 1893, 296 30). So schuf der Bilddruck bald die Möglichkeit, den Gläubigen die Hoffnung des Erlösungswerks sichtbar, also spontan evident zu machen, wie das in so individueller Weise vorher noch niemals geschehen war. Was sich deutlich darin spiegelt, ist ein Wandel der Reli­giosität, der nun vom gemeinschaftlichen Gotteserlebnis zur privaten Andacht führte. Der Grund für dieses so elementar und individuell auf­brechende Bedürfnis nach Bildern liegt aber noch tiefer, es ist der Drang nach persönlicher Entfaltung durch Wissen durch Information. Es gilt in der Tat was der Humanist Konrad Celtis 1487 an Kaiser Friedrich III., auf Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks bezogen, schrieb: »Der Him­mel ist erschlossen, die Erde durchforscht und mas in den vier Weltgegenden besteht, ,kommt ans Licht durch die deutsche Kunst . . . « Es ist nur zu verständlich, dass der neue Bilddruck gegenüber den höchst verfeinerten, aristokratisch bestimmten, illuminierten Handschriften auf ein primitiveres ästhetisches Niveau herabsank; das entspricht eben dem niedrigeren, aber breiteren sozialen Niveau der Generation, an die sich der Bilddruck wendet. Jacob Burckhardt zitiert, welch entrüstete Ablehnung der deutsche Buchdruck zunächst bei den Trägern der höchsten Kultur gefunden hat; Vespasiano von Florenz meinte, »Federigo von Urbino hätte sich geschämt, ein solches Buch zu besitzen« (Die Kultur der Renaissance in Italien, 1928, 193). Und den­noch, welcher Schritt war hier vollzogen!

Das aufkommende Bedürfnis nach Bildern sucht sich die Mittel: das seltene und teure Pergament wird durch Papier ersetzt. Die erste Papiermühle auf deutschem Boden hatte 1389/90 bei Nürnberg mit ihrer Produktion begonnen.

Neben dem religiösen und dem Wissensbedürfnis war es die so wichtige menschliche Komponente des Spiels, die erste Aufgaben stellte. Es sind vor allem Spielkarten, die, als Holzschnitte hergestellt, rasch Verbreitung fanden, und man nimmt an dass ähnliche Karten bereits im 14. Jahrhun­dert entstanden sind. Als Gebrauchsgegenstände wurden sie jedoch viel schneller abgenutzt als die doch geschonteren Andachtsbilder und sind daher nur in wenigen Exemplaren erhalten.

Stilistisch zeigt bereits der Buxheimer Christophorus eine recht diffe­renzierte Gestaltung von Gewand Faltenspiel und Schattengebung, was zu bestätigen scheint, dass ihm eine Entwicklungsreihe von viel strengeren, vielleicht sich allein auf Umrisse beschränkenden Blättern vorangegangen sein mag. Was feststeht, ist, dass der Holzschnitt die früheste Technik des Bilddrucks darstellt. Und man nimmt heute allgemein an, dass er seinen Ausgangspunkt in Bayern, Österreich, Böhmen und Mähren hatte, wo­nach in rascher Folge Rheinland, Niederlande und Frankreich folgten.

Man kann während des 15. Jahrhunderts vier ziemlich gleich lange Perioden unterscheiden (D. Kuhrmann 1970, XI) : die früheste Phase ist die des Handdrucks, bei dem der Holzstock mit dem Gesicht nach unten auf das Papier gedrückt wird; der Farbauftrag ist dabei nicht einheitlich, sondern gesprenkelt, manchmal zu stark oder ganz auslassend, die Kon­turen sind breit, jegliche Schraffierung fehlt, die harmonisch weich ge­schwungenen Gewandfalten enden vielfach in Ösen- oder Haarnadelfor­men. Der folgende Reiberdruck herrscht im 2. und 3. Viertel des Jahrhun­derts vor; hier liegt der Holzstock mit dem Gesicht nach oben, das Papier wird aufgelegt und mit einem Falzbein angerieben, dessen Spuren meist auf der Rückseite zu erkennen sind. Die Linien werden schmäler, erste Schraffierungsversuche zeigen sich. Der Übergang zum eckigen Stil be­stimmt die Formen in winkeligen Brechungen. Die Farben der Illumi­nierung sind kräftiger. Die Erfindung des Buchdrucks läßt seit den sech­ziger Jahren den Pressendruck zu, der im letzten Jahrzehnt auch den Reiber­druck ablöst. Die technische Verbesserung läuft hier verblüffend parallel zu einem Absinken der künstlerischen Kraft, wenngleich diese auch mit volkskunsthaft frischen Zügen verbunden war. Dies war der Zeitpunkt, zu dem Albrecht Dürer sich dem Holzschnitt zuwandte; was er dieser Technik abzugewinnen wußte, war allerdings völlig neuartig und be­stimmte die weitere Entwicklung." 

(aus: Walter Koschazky: „Die Kunst der Grafik“, München, 1975, S.67-70)

  

Bei den hier vorgestellten Holzschnitten handelt es sich um Handabzüge mit jeweils individueller Kolorierung. Sie wurden mit einer Ausnahme alle auf handgeschöpftes Papier gedruckt.